Beschluss des EU-Rates zur gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen
Etliche Fahrer unserer Kunden im grenzüberschreitenden Güterverkehr berichteten uns von ihrem Eindruck, dass mehr oder weniger nur österreichische, deutsche und niederländische Fahrer von der Polizei kontrolliert werden. Wenn die Fahrer die Beamten in Österreich oder Deutschland damit konfrontierten, erhielten sie als Antwort, dass eine Strafverfolgung bei Fahrern anderer Länder so gut wie unmöglich sei bzw. kaum Aussicht auf Erfolg habe. Den Beamten seien bei der Strafverfolgung die Hände gebunden, da kaum eine Kooperation mit Behörden aus dem osteuropäischen Raum stattfinde.
Wie kann das sein? Auf Grundlage der Richtlinie 2014/47/EU ist bei durchgeführten technischen Unterwegskontrollen keine Unterscheidung aufgrund der Staatsangehörigkeit des Fahrers oder des Landes zu machen, in dem das Nutzfahrzeug zugelassen ist oder in Verkehr gebracht wurde.
Im Jahr 2005 wurde nämlich vom Rat der Europäischen Union der sogenannte „Rahmenbeschluss“ 2005/214/JI bezüglich der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen der EU-Mitgliedsstaaten gefasst. Diesem Beschluss zufolge können alle in einem Mitgliedsstaat verhängten Geldstrafen und Geldbußen ab einer Höhe von 70 Euro EU-weit vollstreckt werden. Voraussetzung dafür ist lediglich, dass sowohl der Staat, in dem das Verkehrsdelikt begangen wurde, als auch der Staat, in dem der Wohnort der/des Bestraften liegt, ein nationales Gesetz zur grenzüberschreitenden Vollstreckung erlassen hat. Und ein solches Gesetz gibt es tatsächlich bereits in allen EU-Mitgliedsstaaten mit Ausnahme von Griechenland und Irland. Seit 1. Mai 2004 sind übrigens auch Litauen und Lettland Mitglieder der Europäischen Union.
In Österreich können Geldstrafen von mindestens 70 Euro, die in einem EU-Mitgliedsstaat rechtskräftig verhängt wurden, von den österreichischen Behörden eingetrieben werden. Umgekehrt ist es auch möglich, dass österreichische Strafen durch ausländische Behörden vollstreckt werden.
Zuvor ist ein Strafverfahren durchzuführen, das in jenem Staat abgewickelt werden muss, in dem die Verkehrsübertretung begangen wurde. Einsprüche müssen also auch in diesem Staat erhoben werden.
Es versteht sich von selbst, dass dieses Prozedere unter „deutschsprachigen“ Ländern einfacher ist als zwischen Ländern mit unterschiedlichen Sprachen. Zumal es zwischen Österreich und Deutschland schon seit 1988 einen eigenen Vertrag über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen gibt, dank dem schon Verkehrsstrafen ab 25 Euro im jeweils anderen Land eingetrieben werden können.
Ebenfalls erleichtert ein mit Liechtenstein und der Schweiz abgeschlossener Polizeikooperationsvertrag samt Durchführungsverordnung der österreichischen Polizei hier die Arbeit.
Dennoch drängt sich die Frage auf, warum die seitens des Rates der EU geschaffenen rechtlichen Grundlagen von etlichen Mitgliedstaaten im osteuropäischen Raum NICHT ordnungsgemäß umgesetzt werden. Es vermittelt einen bitteren Beigeschmack, dass nur jene Fahrer kontrolliert werden, bei denen eine rasche und auch unkomplizierte Strafverfolgung möglich bzw. eine rasche Leistung der Strafzahlung zu erwarten ist. Dieser Umstand wirft auch das Thema „Wettbewerbsverzerrung“ auf.
Im Sinne einer Gemeinschaft sollte es oberste Priorität haben, dass alle Mitgliedstaaten diesen unerlässlichen Rahmenbeschluss rasch und unbürokratisch umsetzen.